Studie: Forcierte Energiewende reduziert Abhängigkeit von Erdgasimporten

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Eine zügigere Umsetzung der Energiewende könnte die Abhängigkeit von russischem Erdgas wesentlich reduzierten. Dies ist die Kernbotschaft einer Kurzstudie des Fraunhofer-Instituts für Windenergie und Energiesystemtechnik im Auftrag der Grünen mit dem Titel „Erdgassubstitution durch eine forcierte Energiewende“. Die Wissenschaftler konzentrierten sich bei ihrer Untersuchung auf zwei Aspekte. So sollten sie herausfinden, ob sich der Erdgasverbrauch in Deutschland nachhaltig senken lasse, um einerseits die Treibhausgasemissionen zu senken und andererseits die Importabhängigkeit zu reduzieren. Dabei sei das Thema aus drei Blickwinkeln betrachtet worden: Erstens, eine Steigergung der Energieeffizienz und eine Substitution von erdgasbasierten Technologien im Wärmesektor; zweitens ein schnellerer Ausbau der erneuerbaren Energien und drittens einen Ersatz durch Gassubstitute. Das Ergebnis sei, dass bei einer konsequenten Weiterverfolgung der Energiewende im Jahr 2030 rund 400 Terawattstunden Erdgasimporte eingespart werden könnten, was der Menge importierten Erdgases aus Russland im vergangenen Jahr entspreche, schreiben die Wissenschaftler in der Zusammenfassung. Dazu sei aber ein rascher Ausbau der Erneuerbaren ebenso erforderlich wie Umsetzung von Energieeffizienzmaßnahmen und Anreize für neue Wärmekonzepte wie Wärmepumpen, Solarthermie oder Power-to-Heat.

„Entspricht das Tempo der Energiewende den Ausbauzielen des EEG 2.0, lassen sich diese Einsparungen erst 2050 erreichen“, schreiben die Forscher des Fraunhofer-IWES weiter. Zum 1. August ist eine EEG-Novelle in Kraft getreten, die teilweise deutlich reduzierte Ausbaukorridore für Photovoltaik, Windkraft und Biomasse vorsieht. Wichtig sei auch, dass die Energiewende europaweit beschleunigt werden müsse, um die Erdgasabhängigkeit Deutschlands zu reduzieren. Neben den Anreizen für neue Wärmekonzepte fordern die Wissenschaftler auch welche für Energieeffizienz. Insgesamt werden in der Studie die Vorlaufinvestitionen auf 300 Milliarden Euro bis 2028 beziffert. Allerdings sei dann bereits der „Break-Even“ erreicht und es könnten ab dann Einsparungen gegenüber dem heutigen Primärenergiekostenniveau erzielt werden. Die Wissenschaftler des Fraunhofer-IWES betonen zudem die positiven volkswirtschaftlichen Effekte einer schnelleren Energiewende. Es lasse sich mit den eingesparten Primärenergiekosten von langfristig bis zu 75 Milliarden Euro pro Jahr eine jährliche Rendite von 2,3 Prozent erzielen. Vor dem Hintergrund der erwarteten Preissteigerungen für fossile Energieträger werde sich voraussichtlich sogar zwischen 4,0 und 6,7 Prozent liegen, heißt es in der Studie weiter.

Erst mit Abschluss der Energiewende, den die Forscher bei einem Anteil der Erneuerbaren von 92 Prozent am Primärenergieanteil definieren, könne auf den Einsatz des Erdgases vollständig verzichtet werden. Kurz- und mittelfristig ließen sich jedoch bereits deutliche Reduktionen beim Erdgasverbrauch erreichen. So seien durch eine forcierte Energiewende bis 2020 Einsparungen von etwa 16 Prozent möglich; bis 2030 wären es 40 Prozent, bis 2040 72 Prozent und bis 2050 sogar 85 Prozent, heißt es in der Studie. Bei einer europaweiten Forcierung der Energiewende ließen sich sogar noch höhere Einsparungen bei Erdgasimporten erzielen. Sollte die Bundesregierung aber an der nun geplanten gebremsten Energiewende festhalten, wären die Reduktionen wesentlich niedriger. Sie würden 2020 bei neun Prozent liegen und bis 2050 gerade einmal auf 36 Prozent steigen. „Durch eine forcierte Umsetzung der Energiewende erreichen die Einsparungen beim Erdgas bereits im Jahr 2025 rein rechnerisch die Höhe der heutigen Importmengen aus

den Niederlanden oder im Jahr 2026 die der aus Norwegen oder im Jahr 2030 die der aus Russland“, heißt es weiter. Eine langsamere Energiewende erhöhe hingegen die Importabhängigkeit noch. Den Ausbau von Anlandekapazitäten für Erdgas aus Übersee sowie die Erschließung nicht konventioneller Erdgasressourcen halten die Wissenschaftler für nicht notwendig und zielführend im Sinne der Energiewende. (Sandra Enkhardt)

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